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Niedrigenergiehäuser - die besonderen Konstruktionsmerkmale

In skandinavischen Ländern sind Niedrigenergiehäuser schon seit geraumer Zeit selbstverständlich, auch wegen des Klimas dürfte hier dem Wärmeschutz besondere Bedeutung zugemessen werden. In Deutschland ist dies leider noch zu wenig bekannt, Niedrigenergiehäuser gibt es bisher nur recht selten. Dennoch sollten Hausherren auch in Deutschland beim Wärmeschutz deutlich über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen und den Standard der Niedrigenergiehäuser anstreben.

Niedrigenergiehäuser weisen bestimmte Konstruktionsmerkmale auf. Sie sind der Schlüssel für den niedrigen Energieverbrauch und für ein behagliches Wohnen. Dazu zählen unter anderem der Wärmeschutz, die Vermeidung von Wärmebrücken, eine kompakte Bauweise, die Dichtheit der Außenbauteile und eine kontrollierte Lüftung. Außerdem sind Konstruktionsmerkmale wie die Heizungsregelung, die Heizwärmeerzeugung und der Stromverbrauch für Niedrigenergiehäuser von entscheidender Bedeutung.

Konstruktionsmerkmale für Niedrigenergiehäuser

  • Sehr guter Wärmeschutz aller Bauteile der Gebäudehülle
  • Sorgfältige Ausführung des Wärmeschutzes im Detail, Vermeidung und Reduzierung von Wärmebrücken
  • Kompakte Bauweise
  • Dichtheit der Außenbauteile
  • Kontrollierte, bedarfsgerechte Lüftung
  • Ausnutzung passiv-solarer Gewinne
  • Schnelle Heizungsregelung
  • Angepasste Heizwärmeerzeugung und -verteilung, stromsparende Ausstattung der Heiz- und Lüftungsanlage (Lüftermotoren, Brenner, Umwälzpumpen)
  • Nutzerfreundliche Bedienung von Heiz- und Lüftungsanlage
  • Minimierung des Klimatisierungsenergiebedarfes
  • Minimierung des Stromverbrauchs durch:
  1. Optimierung der Tageslichtnutzung
  2. stromsparende Umwälzpumpen
  3. Ausstattung mit stromsparenden Arbeitshilfen wie PC, Drucker etc.

Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert)

Das Maß des Wärmeschutzes - wichtig für die Niedrigenergiehäuser - ist der Wärmedurchgangskoeffizient. Vereinfacht gesagt misst er die Wärmeverluste eines Bauteils. Je besser also die Einzelbauteile der Gebäudehülle beschaffen sind, desto besser ist auch der Wärmeschutz. Formal korrekt lautet die Definition des Wärmedurchgangskoeffizienten: Die wärmetechnische Qualität eines Bauteils drückt sich durch den Wärmeverlust aus, den 1 Quadratmeter dieses Aufbaus bei einem Temperaturunterschied von 1 Kelvin (1 Kelvin entspricht genau 1° Celsius) hat. Gemessen wird dieser Wärmedurchgangskoeffizient oder U-Wert in Watt je Quadratmeter und Kelvin, abgekürzt „W/(m²K)“.

Mit dem U-Wert kann der Energieverlust eines Bauteils zumindest grob abgeschätzt werden: U-Wert x 9 ergibt den Jahresverlust in Liter Heizöl oder Kubikmeter Erdgas für einen Quadratmeter des entsprechenden Bauteils. Europäische Regelungen haben die frühere Bezeichnung „k-Wert“ für den Wärmedurchgangskoeffizienten durch den „U-Wert“ ersetzt.

In der Praxis ist damit ein Maß vorhanden, das schnell Auskunft darüber gibt, an welchen Stellen beispielsweise Teile der Gebäudehülle zu viele Wärmeverluste aufweisen. Umgekehrt lassen sich so natürlich auch bestimmte Grenz- oder Richtwerte festlegen, deren Einhaltung einen gewissen Standard bezeichnet.

Das Dach der Niedrigenergiehäuser

Beispielsweise sollten die Dachgeschossdecken der Niedrigenergiehäuser, geneigte Dächer, Dachabseiten und Flachdächer einen Wärmedurchgangskoeffizienten (U- Wert) von weniger als 0, 15 W/(m²K) haben. Damit ist eine Dämmung notwendig, die 25 Zentimeter und mehr hochwertigen Dämmstoffs ausmacht. Diese Dämmung sollte möglichst durchgehend angebracht werden und darf keine Spalten, Fugen und Löcher haben.

Die Außenwände der Niedrigenergiehäuser

Außenwände sollten einen U-Wert von weniger als 0,25 W/(m² K) haben. Dies wird erreicht, wenn beispielsweise ein Wärmedämmverbundsystem auf der Außenseite eines tragenden Mauerwerks mit mindestens 15 cm Dämmstoffstärke angebracht wird. Ebenfalls möglich ist dieser U-Wert bei einer Vorhangfassade, wenn man ein kerngedämmtes mehrschaliges Mauerwerk mit 15 Zentimeter Dämmstofflage verwendet.

Der Wärmeschutz der Niedrigenergiehäuser

Wärme sucht sich immer den Weg mit der besten Wärmeleitung. So wird selbst bei einer gut gedämmten Außenwand viel Wärme abgeführt, wenn diese von nicht wärmegedämmtem Material durchbrochen wird. Solche Wärmebrücken müssen so weit wie möglich vermieden werden, um Bauschäden durch Feuchtigkeit zu verhindern.

Das bedeutet vor allem:

  • auskragende Bauteile vermeiden
  • Dach-, Dachgeschossdecken- und Außenwanddämmung lückenlos anschließen
  • Fenster in die dämmende Hülle einfügen (Dämmung über den Blendrahmen führen)
  • Perimeterdämmung: den gesamten Hausumfang mit Außenwanddämmung versehen, der ans Erdreich anschließt. Alternativ gut dämmende Steine für die Außen- und Innenwandauflager verwenden.

Kompakte Bauweise der Niedrigenergiehäuser

Der Wärmeverlust ist umso größer, je größer die Gebäude-Außenoberfläche bei einem definierten Wärmeschutz und vorgegebenem Nutzvolumen ist. Deshalb sollten unnötige An-, Auf- und Vorbauten vermieden oder nicht beheizt werden. Außenbauteile sind multifunktional, sie sollen unter anderem den Wetterschutz gewährleisten, vor Einbruch schützen, Wärme- und Schallschutz garantieren. Daher sollten komplizierte Gebäudeformen vermieden werden und Reihenhäuser sollten Einzelhäusern vorgezogen werden.

Dichtheit der Außenbauteile der Niedrigenergiehäuser

Ein überhöhter Heizenergieverbrauch, Bauschäden durch einströmende feuchte Innenluft können durch ein- und austretende Luftzüge entstehen. Davor sollten alle Außenbauteile, aber auch gedämmte Holzkonstruktionen wie etwa Dachstühle, sorgfältig geschützt werden. Das bedeutet, Fugen und Ritzen zu vermeiden oder sorgfältig dicht auszuführen (Forderung nach DIN 4108 und der Energieeinsparverordnung).

Eine richtig ausgeführte Konstruktion zur Dichtheit von Außenbauteilen umfasst beispielsweise eine Hinterlüftung an der Außenseite über dem Unterdach mit einem 2 bis 3 Zentimeter breiten Luftspalt. Ebenso sollte eine durchgehende, genau abgedichtete äußere Winddichtung, etwa aus einer bituminierten Weichfaserplatte oder einer Unterspannbahn vorhanden sein. Ferner ist auf eine fugenlose Dämmschicht zu achten und auf eine abgedichtete, innere luftdichte Schicht, die den Dampf bremst. Vor allem sollte die innere Abdichtung zu Außen- und Innenwänden, zum Boden und der Decke luftdicht angeschlossen werden.

Kontrollierte und bedarfsgerechte Lüftung der Niedrigenergiehäuser

Eine der ganz wichtigen Voraussetzungen für hygienisches Wohnen und für den Erhalt der Bausubstanz der Niedrigenergiehäuser ist die ausreichende Lüftung. Zu geringe Lüftung kann zu ungesunden Konzentrationen von Schadstoffen und Wasserdampf in der Innenluft führen.

Die ungeregelte Lüftung durch Undichtheiten in der Außenkonstruktion hat viele Nachteile: Bei wenig Wind reicht die Lüftung nicht aus und bei stärkerem Wind zieht es bei unnötig hohem Wärmeverlust. Zur Lufterneuerung in Wohnräumen eignet sich die Fugenlüftung also nicht. Hier muss der Bewohner durch Fensterlüftung für Luftaustausch sorgen.

Dabei ist das Stoßlüften nur schwer regelbar und kann auch nur ausgeführt werden, wenn die Bewohner zu Hause sind. Für Niedrigenergiehäuser sind Systeme mit kontrollierbarer Lüftung zu empfehlen. Dabei sind zwei Haupttypen zu unterscheiden: Das reine Abluftsystem und das System zur Wärmerückgewinnung.

Reine Abfluftsysteme für Niedrigenergiehäuser

Beim reinen Abluftsystem gibt es Zuluftöffnungen, die der Bewohner in der Außenwand oder im Fensterrahmen einstellen kann. Zuluftöffnungen befinden sich in allen Räumen mit Frischluftbedarf. Aus WC, Bad und der Küche saugt ein Lüfter die verbrauchte Luft ab und führt sie über das Dach fort.

Solche Anlagen erlauben einen Luftwechsel nach den hygienischen Notwendigkeiten und den Bedürfnissen der Bewohner. Auch bei Windstille sorgen sie für ausreichende Lüftung und vermeiden hohe Lüftungswärmeverluste. Dieses System ist preiswert und einfach installierbar und der Stromverbrauch des Abluftventilators ist bei gut geplanten Anlagen sehr gering.

Systeme mit Wärmerückgewinnung für Niedrigenergiehäuser

Wie beim reinen Abluftsystem wird bei der Wärmerückgewinnung die verbrauchte Luft aus WC, Bad und Küche abgesaugt. Allerdings gelangt sie zuerst durch einen Wärmetauscher. Hier gibt sie einen großen Teil ihres Energieinhalts an die angesaugte Frischluft. Die Abluft kühlt sich dabei ab und wird danach abgeführt. Ein Zuluft-Rohrsystem verteilt die vorerwärmte Frischluft in den Wohnräumen.

Voraussetzungen für Lüftungssysteme

Für Niedrigenergiehäuser gibt es folgende Voraussetzungen für den sinnvollen Betrieb von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung:

Das Gebäude muss sehr sorgfältig abgedichtet sein. Ein Wärmerückgewinnungssystem in einem undichten Haus ist zwecklos. Der Stromverbrauch der Wärmerückgewinnungsanlage sollte maximal ein Fünftel der zurückgewonnenen Wärme betragen. Sonst sind die Betriebskosten der Anlage höher als die Einsparung von Energiekosten. Dabei ist ein Verhältnis von Stromverbrauch zu zurückgewonnener Wärme von 1 : 19 realisierbar, wenngleich nur wenige Anlagen auf dem Markt dies schaffen.

Einstellung

Die Luftmengen von Ab- und Zuluft müssen in der Anlage exakt eingestellt werden. Wichtig sind gute Filter auf der Zuluftseite, die regelmäßig gewechselt werden. Nur eine kontrollierte Lüftung, die auf den tatsächlichen Lüftungsbedarf einstellbar ist, dient dem gesunden Wohnen, dem Schutz der Baukonstruktion und der Verringerung von Wärmeverlusten.

Ausnutzung passiv-solarer Gewinne für Niedrigenergiehäuser

Auch in der Heizzeit fällt Sonne durch die Fenster und verbreitet Strahlungsenergie in den Räumen. Das senkt den Heizwärmeverbrauch der Niedrigenergiehäuser.

Der Wärmeverlust bei Fenstern ist nicht unbedeutend. Im Winter sind auch auf der Südseite die Verluste höher als die Solargewinne. Abhilfe schaffen Wärmeschutzverglasungen, die in diesem Fall eine positive Energiebilanz erreichen - solange die Flächen nicht mehr als die Hälfte ausmachen.

Zu große Südfensterflächen können auch an sonnigen Wintertagen Räume überheizen. Allerdings ist der Einfluss der Südfensterfläche auf den winterlichen Heizwärmeverbrauch der Niedrigenergiehäuser im Vergleich zum Einfluss der Dämmung und der Kompaktheit gering.
Ost- oder Westfensterflächen sollten dagegen möglichst klein sein. Sie führen während der Heizperiode zu Mehrverbrauch und tragen im Sommer stärker als Südfenster zur Aufheizung bei. Ost/West-Fenster müssen daher immer einen regelbaren Sonnenschutz wie Rollo, Rollladen oder Fensterläden haben.

Fenster in Richtung Norden verlieren immer mehr Wärme als gut gedämmte Wände. Einsparungen in kleinem Umfang sind bei gut geplanten, nicht beheizten und thermisch vom Hauptgebäude gut getrennten Glasanbauten durch Wintergärten, Solar- oder Gewächshäusern möglich.

Abgestimmte Heizanlage der Niedrigenergiehäuser

Für Niedrigenergiehäuser ändert sich der Wärmebedarf recht schnell. Deshalb muss sich eine Heizanlage ebenso schnell anpassen können. So verringern Sonnenstrahlung oder zusätzliche Personen den Wärmebedarf erheblich. Die Heizanlage für Niedrigenergiehäuser muss deshalb die Wärmeabgabe rasch drosseln können. Gut eingestellte Thermostatventile und eine schnell regelbare Heizleistung in jedem Raum gehören aus diesem Grund zu den Voraussetzungen.

Außerdem muss die Heizanlage für Niedrigenergiehäuser zentral und witterungsgeführt regelbar sein. Auch muss die Anlage abschalten, wenn kein Wärmebedarf mehr besteht. Dass effiziente Anlagen für die Wärmeerzeugung verwendet werden sollten, versteht sich eigentlich von selbst. Niedrigenergiehäuser sollten Wärme über Heizzentralen beziehen, denn ein eigener Heizkessel lohnt sich bei einem Wärmebedarf von weniger als 3 kW kaum.

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